Gedenken als Auftrag für die nächste Generation

Esther Dürnberger erinnerte mit einem Vortrag in der HAK Amstetten an das Leben von Ernst Reiter, einem Bibelforscher, der das Konzentrationslager Flossenbürg überstand. Die Veranstaltung, die am 24. November für die dritten Klassen stattgefunden hat, machte deutlich, warum Gedenken und Wachsamkeit auch heute notwendig sind. 

Im Mittelpunkt des Zeitzeugenvortrags stand das Leben von Ernst Reiter, einem der wenigen Bibelforscher, die das Konzentrationslager Flossenbürg überlebten. Vier Jahre und sechs Monate war er dort inhaftiert gewesen. Die Zeit war geprägt von Hunger, Gewalt und schwerer Arbeit im Steinbruch. 

Esther Dürnberger, Mitglied im Verein LILA WINKEL, erzählte die Geschichte von Ernst Reiter und erklärte die Bedeutung des lila Dreiecks, das Zeugen Jehovas im Lager tragen mussten. Der Verein setzt sich heute für die Erinnerung und Rehabilitierung der Opfer ein. Zeitzeugen zweiter Generation haben sich das Gedenken an die Opfer und die Mahnung an die Generation zur Aufgabe gemacht. 

1938 wurde Ernst Reiter wegen Wehrdienstverweigerung verhaftet. Bis zu zwölf Stunden mussten die Häftlinge im Steinbruch täglich arbeiten. Zu Mittag gab es nur eine Scheibe Brot und eine Suppe aus Wasser und altem Fleisch. Trotz der schweren Bedingungen überlebte er durch den Zusammenhalt seiner Glaubensbrüder. Nach dem tagelangen Todesmarsch gelang ihm die Rückkehr in seine Heimat Graz, über 700 km davon mit dem Fahrrad. Dort baute er sich ein neues Leben auf und gründete eine Familie. 

Dürnberger betonte, dass die Erinnerung nicht nur der Vergangenheit gilt, sondern auch eine Aufgabe für die Gegenwart ist. Diskriminierung beginne oft im Kleinen, mit Mobbing oder Ausgrenzung in der Schule. Jeder sollte andere so behandeln, wie er selbst behandelt werden möchte. 

Der Vortrag zeigte, dass Geschichte nicht verdrängt werden darf. Nur durch das Bewusstsein für die Opfer der Zeit des Nationalsozialismus kann verhindert werden, dass Ausgrenzung und Hass erneut Raum gewinnen. 

Er überlebte 1.600 Tage im KZ, darunter einen dreitägigen, nahrungslosen Todesmarsch kurz vor der Befreiung durch die Amerikaner. Alle 23 Bibelforscher des Lagers überlebten. Nach diesen grausamen Jahren kehrte er schließlich nach Graz zurück, nachdem er und sein Kollege auf einem Fahrrad geflüchtet waren. Seine Tante Cilli war zunächst im KZ Ravensbrück inhaftiert und wurde später nach Auschwitz gebracht, wo sie krank wurde und schließlich „für ihren Glauben“ starb. Auch seine Großmutter verstarb während dieser Zeit. Nach dem Krieg baute sich Ernst Reiter wieder ein Leben auf und bekam drei Töchter: Ingrid, Judith und Erni. Später traf er einen ehemaligen SS-Soldaten, der ihn während seiner Häftlingszeit tot sehen wollte, und sagte zu ihm: „Ich lebe noch.“ Reiter verstarb 2006 im Alter von 91 Jahren. Seine Tochter Judith Ribic besucht als Zeitzeugin zweiter Generation oft Schulen, damit die Geschichte ihres Vaters und vieler anderer KZ-Häftlinge nicht in Vergessenheit gerät. 

Text: Barbara Hagler

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